Florian Vogt

Geschäftsführer Wendelsteinbahn GmbH

Winter im Skigebiet Wendelstein

Florian Vogt

Geschäftsführer Wendelsteinbahn GmbH
Florian Vogt ist der Geschäftsführer der Wendelsteinbahn GmbH.
Hallo Herr Vogt,
was macht Ihre Region zu einem besonderen Skigebiet?

Wer den Wendelstein mit seinen anspruchsvollen Skiabfahrten meistert beherrscht seine Bretter in der Regel bestens. Insofern ist es schon mal ein enormes Renommée und eine echte sportliche Herausforderung, am Wendelstein Ski zu fahren. Schon vor über 100 Jahren nutzten Wintersportler die Zahnradbahn als Aufstiegshilfe am Wendelstein. Darüber hinaus sind es wohl die Urspünglichkeit und der Naturschnee, die das Skifahren am Wendelstein zu etwas Besonderen machen. Laut einem Ranking eines Alpinmagazins belegte das Skigebiet Wendelstein außerdem in Sachen „Panorama“ kürzlich die Bestnote.

Was hat es eigentlich mit der trojanischen Gams auf sich?

Der Wendelstein ist auch für Familien ein attraktives Ausflugsziel. Manko war bisher dabei, dass für Kinder an der Bergstation keinerlei Angebot vorhanden war und das ohne Zweifel einmalige Panorama schnell langweilig wurde. Am neuen Spielgelände unter dem Motto „heimische Bergtiere“ mit einem künstlichen Murmeltierbau mit unterirdischer Rutsche, Kletterparcours und trojanischer Gams – so heißt sie, weil man quasi in ihr Inneres hineinkraxeln kann – können sich unsere kleinen Gäste am Wendelstein ausgiebig beschäftigen und austoben, während die Eltern auf Ruhebänken in Bergdohlen-Form ausspannen und ihren Nachwuchs dabei im Blick haben. Ganz bewusst wurde bei der Umsetzung auf die Verwendung des natürlichen Materials Holz geachtet, so dass sich das Spielareal nahtlos in die Umgebung integriert und nicht zu einem künstlichen Disneyland entartet.

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©Wendelsteinbahn GmbH

Was würden Sie sagen, dominiert bei Ihnen mehr? Tradition oder moderner Tourismus?

Tradition wird mit der weit über 100jährigen Geschichte des Wendelsteins bei uns natürlich groß geschrieben und mit diversen Veranstaltungen, wie z.B. dem Josefitag, Nostalgie-Mondscheinfahrten, Bergmessen und Standkonzerten mit Blasmusik, untermauert. Auch bei nötigen Umbauten oder Renovierungsarbeiten z.B. am Wendelsteinhaus wird/wurde darauf geachtet, den ursprünglichen Charakter nie aus den Augen zu verlieren.

Inwieweit hat der Tourismus Ihre Region verändert?

Tourismus gibt es in der Wendelsteinregion praktisch seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Durch die besondere Lage des Inntals hat sich hier mit Bahnverkehr und Autobahn schon früh eine gute Infrastruktur entwickeln können. In den 1960er Jahren hatte auch der Fremdenverkehr im Leitzachtal seinen Höhepunkt, so dass damals sogar überlegt wurde, die im Unterhalt teurere Zahnradbahn aufzugeben und den Wendelstein nur per Seilbahn zu erschließen. Die Seilbahn auf den Wendelstein wurde 1970 gebaut, die Zahnradbahn konnte sich Dank erfolgreicher Intervention damals bis heute als Tourismusmagnet behaupten. Beide Bahnen sowie unser Skigebiet und die einmaligen Sehenswürdigkeiten am Wendelstein wie die Wendelsteinhöhle stellen attraktive Anziehungspunkte für Touristen dar und sorgen so bereits seit mehr als 100 Jahren für Wertschöpfung in der Region, sichern Arbeitsplätze und Kaufkraft.

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©Wendelsteinbahn GmbH

Welche drei Sehenswürdigkeiten darf ich mir bei einem Urlaub in Ihrer Region auf keinen Fall entgehen lassen?

Eine Fahrt mit der Zahnradbahn auf den Wendelstein, die Schauhöhle und Deutschlands höchst gelegene Kirche am Wendelstein.

Inwieweit sind Ihre Bahnen barrierefrei?

Der Talbahnhof der Zahnradbahn in Brannenburg verfügt über einen treppenfreien Zugang in den Kassenbereich und es ist eine rollstuhlgerechte Toilette vorhanden. Eine Rampe erleichtert den Einstieg in die Bahn. Pro Doppeltriebwagen bzw. Fahrt können max. zwei Standard-Rollstühle befördert werden. Bei der Seilbahn in Bayrischzell ermöglichen Aufzüge sowohl bei Talstation als auch Bergstation Rollstuhlfahrern eine mühelose Zufahrt in die Seilbahn-Kabine. Am Bergbahnhof der Zahnradbahn befindet sich eine rollstuhlgerechte Toilette. Das Bergrestaurant und die große Aussichtsterrasse sind ebenerdig und gut mit dem Rollstuhl zu befahren.

Was hat es mit den Themenwegen am Wendelstein auf sich?

In den 1980er Jahren wurde der sog. Geopark am Wendelstein eröffnet. Vier Wege führten dabei von der Bergstation am Wendelstein in die umliegenden Talorte und einer um das Gipfelmassiv. Die Erläuterungstafeln entlang der Wege waren nicht mehr zeitgemäß und für heutige pädagogische Ansprüche viel zu textlastig. Für eine Modernisierung war es höchste Zeit! Um auch die Gemeinden rund um den Wendelstein in das Projekt einzubinden und zu „committen“ war meine Idee, für jeden Ort ein passendes Thema wählen zu lassen. Bad Feilnbach z.B. begeisterte sich für das Thema Wasser, weil der Wanderweg über weite Teile entlang des Jenbaches führt, für Fischbachau lag aufgrund der berühmten Wallfahrtskirche Birkenstein als Ausgangspunkt das Thema Meditation nahe. Die Gemeinde Brannenburg entschied sich gemeinsam mit der örtlichen Künstlerkolonie für das Thema Kunst, Bayrischzell erweiterte den im Ort bereits vorhandenen Wendelstein-Männlein-Weg und spricht damit die Zielgruppe Familie an. Da der Wendelstein unter Geologen nach wie vor als Musterbeispiel der Erdgeschichte gilt setzen wir, die Wendelsteinbahn GmbH, am Gipfel- und Panoramaweg auch weiterhin auf das Thema Geologie, wollen dabei künftig auch interaktive Elemente und Modelle zur besseren Veranschaulichung einbinden. Umgesetzt wird das Konzept der Themenwege am Wendelstein mit Hilfe von EU-Fördermitteln im Rahmen eines LEADER-Projektes.


Bild3©Wendelsteinbahn GmbH

INFOBOX

Im Winter punktet der Wendelstein mit sportlichen Skiabfahrten, hochalpiner Naturschnee-Landschaft und einer oft atemberaubenden Fernsicht. Schon vor über 100 Jahren trafen sich in dem kleinen, aber feinen Skigebiet die ersten Wintersportfans (zur Geschichte).
Wer den Berg lieber ohne Ski erkunden möchte kann dies z.B. bei einem entspannten Spaziergang zum Wendelsteinkircherl. Direkt an der Bergstation lädt ein kunstvoll aus Holz gestaltetes Spielgelände unter dem Motto „heimische Tierarten im Gebirge“ Familien mit Kindern zum Spielen, Toben und Rasten ein. Das Wendelsteinhaus auf 1.724 m ist zwischen Chiemsee und Tegernsee der höchst gelegene Ort, um sich kulinarisch umsorgen zu lassen. Mit Blick in die herrlich verschneiten Zentralalpen kann man in der kalten Jahreszeit bei einem heißen Jagertee oder Kaiserschmarrn am besten abschalten.
Quelle: https://www.wendelsteinbahn.de/

Wie hat sich Ihre Region in den letzten zehn Jahren verändert?

Beim touristischen Angebot ist eine Entwicklung von der Masse hin zur Qualität spürbar, sowohl bei Gastgebern als auch Leistungsträgern. Am Wendelstein z.B. wurde im letzten Jahrzeht viel in die Infrastruktur und in die Angebotsverbesserung am Berg investiert, beispielsweise die Renovierung des Wendelsteinhauses und gastronomischen Räumlichkeiten, die Neuinszenierung der Wendelsteinhöhle und die Erweiterung der Bergterrasse inkl. Spielgelände. Die stete Weiterentwicklung des Angebots und Anpassung an die aktuellen Bedürfnisse stellt aus meiner Sicht einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar.

Welche Möglichkeiten habe ich, neben den klassischen Übernachtungen im Hotel, noch bei Ihnen meinen Urlaub zu verbringen?

Neben Urlaub auf dem Bauernhof, zahlreichen Ferienwohnungen und einigen Campingplätzen in der Region bieten auch Berghütten Übernachtungsplätze, z.B. auch die Mitteralm am Wendelstein.

Wie sieht der klassische „Wendelsteintourist“ aus und mit welchen Erwartungen kommt er zu Ihnen?

Einen klassischen Wendelsteintouristen gibt es u.E. nicht. Es gibt zum einen den Urlauber, für den der Wendelstein mit Deutschlands erster Hochgebirgsbahn natürlich ein echtes Pflichtprogramm darstellt, welches man während des Urlaubs einfach absolvieren muss. Der möchte möglichst alle Top 10 Wendelstein Highlights auf seiner Liste als erledigt abhaken, viel erleben und fotogrieren, damit er zu Hause etwas erzählen kann. Dieser Urlaubertyp kommt am Berg mit entspannter Freizeitkleidung vor oder aber auch extrem gut ausgerüstet mit der trendigsten Outdoorkleidung und -ausrüstung. Zum anderen gibt es die berg-affinen Naherholer zwischen München und Salzburg, die den Wendelstein einfach nur zum Wandern und Genießen besuchen.

Vielen Dank für das Interview!
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